Demokratie leben? Na klar!

Junge Vordenker*innen entwickeln Ideen für die Demokratie von morgen

Zwei junge Frauen schauen auf eine der bedruckten Trennwände, die Helmut Schmidt während eines Eids zeigt, in der Dauerausstellung.

Demokratie leben? Na klar! Aber was heißt das eigentlich? Dieser Frage gingen 20 junge Menschen drei Tage zusammen mit der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung (BKHS) nach. Sie alle sind Teilnehmer*innen des Stipendienprogramms „grips gewinnt“ der Joachim Herz Stiftung, bei dem talentierte und engagierte Schüler*innen auf ihrem Bildungs- und Lebensweg begleitet werden. Viele von ihnen sind extra für dieses Wochenende nach Hamburg gereist.

Gemeinsam haben wir uns auf eine Reise durch die Zeit begeben und die Demokratie von gestern, heute und morgen erforscht und dabei gefragt: Wie kann die Geschichte uns Orientierung geben? Wo begegnet uns Demokratie im Alltag und vor allem: Welche Möglichkeiten haben wir, die Demokratie der Zukunft gestalten?

Ohne Geschichte keine Zukunft

Welcher Ort wäre für einen lebendigen Blick in die Geschichte besser geeignet als die Ausstellung „Schmidt! Demokratie leben“? Schnell stellten unsere Gäste fest: Die Themen, die Helmut Schmidt beschäftigten, sind auch heute noch aktuell und um die Zusammenhänge der Gegenwart zu verstehen, darf der Blick zurück nicht fehlen. Besonders in Krisenzeiten, in denen die Geschichte häufig instrumentalisiert wird, muss jedoch ganz genau hingeschaut werden. Dabei setzten sich die Jugendlichen auch kritisch mit der BKHS auseinander. „Wie verhindert ihr, dass nicht nur eine Geschichte der Sieger gezeigt wird?“, fragte eine Stipendiatin. Die BKHS setzt auf Multiperspektivität, lässt nicht nur Schmidt, sondern auch Stimmen aus Opposition und Gesellschaft zu Wort kommen. So, da waren sich alle einig, kann uns die Geschichte auch für die Zukunft weiterhelfen, Zusammenhänge aufdecken, uns mahnen, aber auch Denkanstöße für Lösungen bieten. Am Ende des Abends überlegt eine Teilnehmerin: „Vielleicht werde ich Geschichtsprofessorin.“

Grundgesetz to go

Am nächsten Tag ging es im historischen Gängeviertel um ganz konkrete und zudem brandaktuelle Fragen. Der 2009 von Bürger*inneninitiativen vor dem Abriss gerettete Gebäudekomplex ist seitdem ein Ort, der Kunst, Kultur und soziale Projekte beherbergt.

Ein perfektes Setting, um sich mit der Basis unserer Demokratie auseinanderzusetzen: dem Grundgesetz. Zusammen mit der Berliner Agentur für politische Bildung Polyspektiv wurde kontrovers diskutiert: Gibt es Grundrechte, die mehr wiegen als andere? Was passiert, wenn Grundrechte miteinander konkurrieren, zum Beispiel bei den Themen Impfpflicht oder Schwangerschaftsabbruch?

Am Ende des Workshops stehen keine einfachen Antworten. Ein sorgfältiges Abwägen aller Aspekte bleib in einer Demokratie genauso wichtig wie der respektvolle Umgang miteinander. Schließlich steht fest: Das Grundgesetz ist nicht perfekt, verdient aber trotzdem unsere Anerkennung.
Daher würdigen die Stipendiat*innen die Verfassung mit einer besonderen Aktion: Bei einem Workshop in der hauseigenen Siebdruckfabrik des Gängeviertels druckten sie ihre liebsten Grundgesetze in Handarbeit auf Stoffbeutel. Das Grundgesetz haben sie nun – „to go“ – in ihrem Alltag mit dabei und tragen seine Botschaften in die Welt.

„Auf die Schnauze fallen ist auch eine Vorwärtsbewegung“

Eine wichtige Message hatte auch Oliver Wurm mit im Gepäck. Der Journalist und Verleger brachte zum 70. Geburtstags des Grundgesetzes „Das Grundgesetz als Magazin“ heraus. Das Projekt war nicht ohne ein erhebliches finanzielles Risiko, doch das Heft wurde ein voller Erfolg. In einem Vortrag ermutigte er die Teilnehmer*innen an ihre eigenen Ideen zu glauben. Sein Credo: Manche Ideen sind so gut, da sagt niemand Nein. Und wenn doch, hat Oliver Wurm auch dafür einen Rat: „Auf die Schnauze fallen ist auch eine Vorwärtsbewegung“.

Wie sieht die Demokratie der Zukunft aus? 

Um gute Ideen ging es auch am dritten und letzten Tag des Workshops, der schließlich in die Zukunft geführt hat. Die Herausforderungen von morgen können manchmal unüberwindbar erscheinen. Doch Marie Czilwik von den Zukunftsbauern hat ein Rezept dagegen: Ängste oder Befürchtungen in Visionen umzuwandeln. Damit es nicht bei abstrakten Vorstellungen bleibt, schickte sie die Stipendiat*innen auf eine klare Mission: Berufe für die Zukunft zu entwickeln, die unsere Gesellschaft besser, gerechter und demokratischer machen. Bereits in kürzester Zeit entstanden so viele neue Perspektiven auf die Demokratie der Zukunft. Eine Gruppe war sich sicher: „Wir sind überzeugt von unserer Idee und möchten sie an unseren Bundestagsabgeordneten schicken.“ Ausgedacht haben sie sich den Beruf „Designer of Social Politics and Policy“ – ein mobiler und interdisziplinärer Job, bei dem Personen immer dorthin reisen und helfen, Politik nahbar und sozial zu gestalten, wo die Menschen es gerade brauchen, in Ämter, Krankenhäuser oder auch an Schulen.

Demokratie leben, das steht nach diesem Wochenende für uns fest, kann vieles bedeuten: sich zu streiten, die eigenen Rechte zu kennen und für diese einzutreten, den Blick in die Geschichte zu berücksichtigen und Ideen für die Zukunft zu entwickeln.  Wir sagen Danke für die fantastischen Ideen und freuen uns auf ein Wiedersehen – vielleicht sogar in einigen Jahren mit den ersten „Designern of Social Politics und Policy“.

Ein Frau mit Maske, Brille und Hidschab greift nach einem Farbtopf.

Beim Siebdruck in der „Farbfabrique“. © BKHS/Michael Zapf

 

Zwei Menschen machen einen Siebdruck. Sie halten den Ramen fest und ziehen mit einer Siebdruckrakel türkise Farbe über die Schablone.

Beim Siebdruck in der „Farbfabrique“. © BKHS/Michael Zapf

 

Fünf junge Menschen in weißen Malerkitteln an einem großen Tisch.

Beim Siebdruck in der „Farbfabrique“. © BKHS/Michael Zapf

 

Ein junger Mann in rotem Pullover blickt auf eine Siebdruckvorlage.

Beim Siebdruck in der „Farbfabrique“. © BKHS/Michael Zapf

 

Auf einem Druck steht: Politisch verfolgte genießen Ayslrecht.

Beim Siebdruck in der „Farbfabrique“. © BKHS/Michael Zapf

 

Nahaufnahme einer jungen Frau, die in den Raum blickt.

Die Teilnehmer*innen fühlen dem Grundgesetz genau auf den Zahn. © BKHS/Michael Zapf

Menschen sitzen in einem Stuhlkreis. Im Hintergrund steht ein Flipchart.

Die Teilnehmer*innen fühlen dem Grundgesetz genau auf den Zahn. © BKHS/Michael Zapf

Menschen sitzen auf Sesseln und Sofas und blicken auf eine Beamerpräsentation.

„Auf die Schnauze fallen ist auch eine Vorwärtsbewegung“: Der Vortrag von Journalist und Verleger Oliver Wurm macht Mut, an die eigenen Ideen zu glauben. © BKHS/Michael Zapf

 

Eine junge Frau trägt eine laminierte Karte an einem Band um den Hals. Mit ihren Armen macht sie eine ausladende Geste.

Gemeinsam entstehen Ideen für die Demokratie von morgen. © BKHS/Strunk

 

Zwei junge Frauen stehen vor einer Ausstellungstafel, auf der Helmut Schmidt zu sehen ist.

Zu Gast in der Ausstellung „Schmidt! Demokratie leben“…. © BKHS/Strunk

 

Nahaufnahme des Flipcharts, auf dem ovale Zettel angepinnt wurden.

… entdecken die Teilnehmer*innen, warum sich der Blick in die Geschichte lohnt. © BKHS/Strunk

 

Bunte Karten, ein Handy und mehrere Stifte liegen auf dem Tisch.

Kreatives Chaos beim Brainstorming. © BKHS/Strunk

 

Violettes Logo der Joachim Herz Stiftung.

Eine Kooperation mit der Joachim Herz Stiftung.

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