Ernst-Otto Heuer: Ein Messingschild in Schmidts Haus erinnert an einen treuen Freund der Familie

Ernst-Otto Heuer lächelt in die Kamera.

Er war einer der engsten Mitarbeiter Helmut Schmidts. 26 Jahre wich er Schmidt nicht von der Seite – in dessen Amtszeit als Bundeskanzler, als Schmidt im Bundestag saß, aber auch später als der Herausgeber der Zeit sein Büro im Pressehaus am Speersort bezog. „Otti“ wie ihn Schmidt rief, während er ihn aber weiterhin siezte, war immer zur Stelle. Der große, kräftige Personenschützer, der dezent im Hintergrund agierte, aber auf Pressefotos nicht zu übersehen war, war mehr als der Bodyguard des Bundeskanzlers. Er war ein Freund der Familie. Loki Schmidt war seine Trauzeugin. 

Am vergangenen Wochenende hat ihn die Kraft verlassen. Im Alter von 82 Jahren ist Ernst-Otto Heuer am 4. September im Kreis seiner Familie in Rellingen plötzlich verstorben. Die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung trauert um einen Weggefährten ihres Namensgebers, der auch die Arbeit der Stiftung mit regem Interesse verfolgte und ihr als wichtiger Zeitzeuge immer für Auskünfte zur Verfügung stand.

Heuer, der beim Staatsschutz im Hamburger Landeskriminalamt arbeitete, zögerte nicht lange, als er 1974 gefragt wurde, ob er mit dem neu gewählten Bundeskanzler Helmut Schmidt in die Bundeshauptstadt Bonn wechseln wolle. 

Es waren bewegte Zeiten. Willy Brandt trat als Bundeskanzler zurück, nachdem einer seiner engsten Mitarbeiter, Günter Guillaume, als Spion des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit enttarnt worden war. Die erste Generation der terroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) versetzte die Sicherheitsbehörden in Alarmbereitschaft. „Schmidt wollte Mitarbeiter in seiner Nähe haben, denen er absolut vertrauen konnte“, erklärte der 80-jährige Heuer vor zwei Jahren in einem Interview für ein Buchprojekt der Stiftung. Dass das Team eines Landeskrimimalamts für den persönlichen Schutz des Bundeskanzlers in Bonn verantwortlich sein sollte, war ein Novum. Die eigentlich zuständigen Kollegen aus dem Bundeskriminalamt waren mäßig begeistert. Helmut Schmidt sei mit seiner Mafia aus Hamburg eingeflogen, lästerte die Hauptstadtpresse. „Das stimmte aber nicht“, sagte Heuer. „Wir sind mit dem Auto gekommen ...“.  Der Kriminalhauptkommissar a.D., der in Dithmarschen aufgewachsen ist, hatte sich seinen trockenen, norddeutschen Humor und den Schalk in den Augen bis ins hohe Alter bewahrt. Und er genoss es, die Geschichten von damals ebenso verschmitzt auch vor laufenden Kameras zu erzählen.

Heuer und sein Kollege wohnten in zwei kleinen Gästezimmern im Bonner Kanzlerbungalow. Gemeinsam mit seiner Frau Loki hatte Schmidt entschieden: „Unsere Hamburger Jungs wohnen mit uns unter einem Dach.“ Sicher ist sicher. „Wenn nachts das Telefon klingelte, bin ich aufgestanden und hab‘ an der Schlafzimmertür geklopft“, erzählte Heuer.

Auf Otti war Verlass – sowohl im Kanzlerbungalow in Bonn als auch in Schmidts Privathaus in Hamburg-Langenhorn. Da lag es nahe, dass Schmidt Heuer eines Tages fragte: „Otti, heute Abend kommen Gäste. Können Sie nicht die Bar machen?“ Otti erwies sich als Idealbesetzung. Was für einen Barkeeper gilt, gilt für einen Personenschützer allemal: Er bleibt diskret im Hintergrund, ist aber blitzschnell zur Stelle, wenn man ihn braucht. Schmidt und seine Gäste konnten sich in Sicherheit wiegen. Was in Ottis Bar besprochen wurde, blieb in Ottis Bar.

Im Jahr 2000 ist Ernst-Otto Heuer als Polizist in Pension gegangen. Aber Loki und Helmut Schmidt blieb er bis zu ihrem Tod verbunden. Noch als 75-Jähriger hat er in der Hausbar hinter dem Tresen gestanden, wenn die „Freitagsgesellschaft“ in illustrer Runde am Neubergerweg tagte oder wenn die Schmidts zu Familienfeiern einluden. 

Ehrensache. Schließlich war der kleine Raum neben dem Esszimmer zum 50. Geburtstag von Ernst-Otto Heuer offiziell auf seinen Namen getauft worden. Seither erinnert ein Messingschild an den treuen Weggefährten: „Ottis Bar“.

Ernst-Otto Heuer lächelt in die Kamera.

Ernst-Otto Heuer 2020 bei einem Fototermin in „Ottis Bar“ in Schmidts Wohnhaus in Hamburg-Langenhorn. Im Alter von 82 Jahren ist der ehemalige Personenschützer nun gestorben.

© BKHS/Michael Zapf

Ein Messingschild mit der Aufschrift "Ottis Bar"

Dieses Messingschild hängt an der Tür der Hausbar von Loki und Helmut Schmidt.

© BKHS/Michael Zapf

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