Gerhart Baum wurde 1932 in Dresden geboren. Wie sein Vater und Großvater studierte er Jura; 1954 trat er in die FDP ein. In den sozial-liberalen Kabinetten Willy Brandt und Helmut Schmidt war er unter den Innenministern Hans-Dietrich Genscher und Werner Maihofer (beide FDP) zunächst als parlamentarischer Staatssekretär tätig, bevor er selbst 1978 das Ministeramt übernahm. Baum gehörte innerhalb der liberalen Partei zum linken Flügel, der sich vor allem für Bürger- und Menschenrechte einsetzte, den aber auch schon früh auch das Thema Umweltschutz beschäftigte.
Sein politisches Lebensthema war das sensible Verhältnis von Freiheit versus Sicherheit, was ihn und die Bundesregierung gerade angesichts der Bedrohung durch den Terrorismus der 1970er- und 1980er-Jahre vor große Herausforderungen stellte. Baum vertrat die Ansicht, dass nur ein liberaler Staat, der seinen Bürger*innen mit Vertrauen gegenübertritt, ein starker Staat sein könne; dementsprechend wachte er als Innenminister darüber, dass in der angespannten Sicherheitslage aufgrund des Deutschen Herbsts (1977) die Regierung ihre Maßnahmen gegen potenzielle Feinde des demokratischen Rechtsstaats nicht überzog. Dieses Bemühen zeigte sich ebenso deutlich, als unter Baums Ägide der vom Kabinett Brandt auf den Weg gebrachte (und von allen Parteien im Bundestag beschlossene) Radikalenerlass liberalisiert wurde. In der ständigen Ausstellung der BKHS in Hamburg kann man Gerhart Baum außerdem sehen und hören, wenn er versucht, die Motive der Terroristen der RAF zu erklären, ein Thema, das ihn damals und bis ins hohe Alter beschäftigt hat.
An der Zusammenarbeit mit Helmut Schmidt schätzte Baum das offene und sachorientierte Arbeitsverhältnis. Er selbst habe den Kanzler als meinungs- und entscheidungsstark erlebt, beide hatten immer wieder auch unterschiedliche Standpunkte, insbesondere zu Fragen von Bürger- und Menschenrechten. Dies zeigte sich etwa hinsichtlich der außenpolitischen Konsequenzen, die aus der Repression oppositioneller Kräfte in China zu ziehen seien, oder aber bei der Einschätzung von Folgen und Bedeutung des Themas Bürgerrechte im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1975). Einen konträren Standpunkt gegenüber Schmidt vertrat Baum auch in der Migrationspolitik: So forderte er 1981 bei einer Sitzung des Bundeskabinetts anzuerkennen, dass die Bundesrepublik de facto ein Einwanderungsland sei.
Gerhart Baum hätte, so äußerte er immer wieder, die sozial-liberale Koalition gerne über das Jahr 1982 hinaus fortgesetzt. Anders als seine FDP-Ministerkollegen Hans-Dietrich Genscher, Otto Graf Lambsdorff und Josef Ertl mochte er nach dem Regierungswechsel nicht weiter im Kabinett von Schmidts Nachfolger Helmut Kohl (CDU) arbeiten. Das habe ihn auch geschmerzt, weil sein Nachfolger Friedrich Zimmermann (CSU) seinen liberalen innenpolitischen Kurs nicht fortgesetzt habe.
Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik arbeitete Baum wieder in seinem Beruf als Rechtsanwalt und trat darüber hinaus aktiv und auf vielen Schauplätzen für sein wichtigstes Thema, die Menschen- und Bürgerrechte ein. So vertrat er die Interessen von NS-Zwangsarbeitern vor Gericht und in der politischen Öffentlichkeit, leitete von 1992 bis 1998 die deutsche Delegation bei der UN-Menschenrechtskommission und war außerdem 2001 bis 2003 als UNO-Beauftragter für die Menschenrechte im Sudan tätig. Bis ins hohe Alter mischte er sich als Buchautor und gefragter Gesprächspartner in aktuelle Debatten ein – zuletzt auch für die Sicherung demokratischer Institutionen wie dem Bundesverfassungsgericht gegenüber dem Zugriff rechtsextremer Kräfte.
Gerhart Baum ist am 15. Februar 2025 im Alter von 92 Jahren in Köln gestorben.