Mit einem Vortragsabend unter dem Titel „Streiten. Verhandeln. Entscheiden. Helmut Schmidt, die Demokratie und wir“ ist im Rostocker Rathaus die neue Wanderausstellung #Challenging Democracy – Von Helmut Schmidt bis heute“ eröffnet worden. Die aktuelle Schau der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung (BKHS) ist noch bis zum 19. November in der Hansestadt zu sehen.
Die Leiterin des Rostocker Kulturamts Anne-Katrin Bicher begrüßte die Gäste in der Halle des historischen Rathauses gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer der BKHS, Dr. Meik Woyke. Woyke, der 2006 seine Dissertation über den ehemaligen Rostocker Oberbürgermeister Albert Schulz veröffentlicht hat, schlug den Bogen zu dem Impulsvortrag von Dr. Olaf Schulz-Gardyan, der nicht nur der Enkel von Albert Schulz ist, sondern auch Mitglied des Kuratoriums der BKHS. In einer „familiengeschichtlichen Annäherung“ hob Schulz-Gardyan Helmut Schmidts Verbindung zu Rostock hervor.
Die Familiengeschichte ist eng mit der Stadt an der Warnow verwoben. Noch heute erinnert das „Albert Schulz Haus“ – wie das Haus der Rostocker SPD offiziell heißt – ebenso an den bekannten Sohn der Stadt wie eine Büste im Rostocker Rathaus. Schulz, „ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat“ wie es in der Biografie von Dr. Meik Woyke heißt, war von 1921 bis 1933 Mitglied des Landtags von Mecklenburg-Schwerin. Von den Nazis wurde er mehrfach verhaftet. Nach dem Zweiten Weltkrieg betrieb er in Rostock die Wiedergründung der SPD. 1946 wurde er von der sowjetischen Militäradministration zum Oberbürgermeister von Rostock ernannt und im selben Jahr in einer Wahl bestätigt. Schon ein Jahr später, im Jahr 1947, wurde er wegen vermeintlicher Sabotage zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Er kam aber nach nur drei Monaten wieder frei und nahm seine Geschäfte als Oberbürgermeister wieder auf. Albert Schulz blieb ein erklärter Gegner des Kommunismus und so war es keine Überraschung, dass er im Jahr 1949 aller Ämter enthoben wurde und fliehen musste.
Unmittelbar danach traf er in Hamburg auch Helmut Schmidt. Die Verbindung zu Rostock kam durch Peter Schulz, den Sohn von Albert Schulz und Vater von Schulz-Gardyan zustande. Peter Schulz, der in Hamburg Erster Bürgermeister und Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft war, zählte – so erklärte Helmut Schmidt – zu seinen vier engsten Freunden.
Schulz war es, der den ehemaligen Bundeskanzler mehr als ein halbes Dutzend Mal nach Rostock holte. „Mit der Wanderausstellung kehrt Helmut Schmidt nach Rostock zurück“, meinte Schulz-Gardyan. Schmidt habe sich der Hansestadt verbunden gefühlt und sie als Teil seiner Heimat bezeichnet.
Und: „Er hat uns auch heute noch viel zu sagen – auch und insbesondere über die Demokratie, für deren Verteidigung er auch im hohen Alter bereit gewesen wäre, auf die Barrikaden zu gehen“, so Schulz-Gardyan.
Die Demokratie sei nicht nur eine stete Herausforderung, sondern auch ernsthaft bedroht. „Wir werden sie mit aller Kraft gegen ihre Feinde verteidigen müssen“, appellierte er an seine Zuhörer*innen.
Zum Abschluss der Veranstaltung skizzierte Dr. Magnus Koch (Leiter Ausstellungen und Geschichte der BKHS) die historischen und aktuellen Fragen, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen und zu Schmidts Zeiten ebenso aktuell waren wie heute.