So beschrieb Helmut Schmidt 2012 in einem Zeitzeugen-Gespräch zum Thema „50 Jahre SPIEGEL-Affäre“ mit dem damaligen Chefredakteur des Wochenmagazins (siehe dort Minute 16:04 bis 16:28) seine Rolle bezüglich des Artikels „Bedingt abwehrbereit", der am 10.10.1962 im SPIEGEL erschienen war. Der Artikel löste damals die sogenannte SPIEGEL-Affäre aus: Auf Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) wurden mehrere SPIEGEL-Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Landesverrat verhaftet und die Redaktionsräume des Magazins durchsucht. Weite Teile der Bevölkerung deuteten die Vorkommnisse als Angriff auf die Pressefreiheit. Und obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 5. August 1966 die staatlichen Maßnahmen im Einzelfall rechtfertigte, betonte es zeitgleich die Notwendigkeit einer freien und unabhängigen Presse für die demokratische Willensbildung. Franz Josef Strauß, der die staatliche Aktion maßgeblich mitverantwortete, musste im Zuge der Affäre seinen Platz als Verteidigungsminister räumen. Der politische Nachhall der Affäre wird heute als Stärkung der Pressefreiheit in Deutschland gewertet.
Auch gegen den damaligen Hamburger Innensenator Helmut Schmidt wurde aufgrund der eingangs erwähnten Markierungen am Manuskript des SPIEGEL-Artikels ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts zur Beihilfe zum Landesverrat eingeleitet. Hierauf reagierte dieser mit hanseatischer Gelassenheit. Der 93-jährige erinnerte sich im oben genannten Zeitzeugen-Gespräch: „Ich habe meine Einschätzung seines Vorhabens* dadurch zum Ausdruck gebracht, dass ich mir nicht einmal einen Anwalt zur Seite gesetzt habe“ (siehe dort Minute 23:29 bis 23:47). Schon aus eigener Erfahrung heraus war die Freiheit unabhängiger Medien für Schmidt eine unbedingte Voraussetzung für die Demokratie.
*Helmut Schmidt spricht hier über die damals von Landgerichtsdirektor Dirks vorgenommenen Ermittlungen gegen ihn.
Der Artikel, der die Spiegel-Affäre auslöste, hier zum Nachlesen: „Bedingt abwehrbereit“
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 05. August 1966, abgedruckt im SPIEGEL am 22.08.1966.