Mit Wehmut wird heute gerne an die ‚echten‘ Debatten erinnert, die es früher im Bundestagsplenum noch gegeben hat, als Politiker wie Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß sich dort noch Rededuelle lieferten. Bekannt aus dem Bundestagswahlkampf der beiden 1980 sind Aussprüche wie dieser von Schmidt adressiert an Strauß: „Dieser Mann hat keine Kontrolle über sich und deshalb darf er erst recht keine Kontrolle über unseren Staat bekommen." Oder vice versa von Strauß: „Es ist schon eine groteske Tatsache, dass der Kanzler seine ideologisch zerrissene Partei beschwört, das tun zu dürfen, was sein Herausforderer von ihm verlangt."
Wie der Hamburger Jung Helmut Heinrich Waldemar Schmidt sich zum exzellenten Redner beziehungsweise zur berüchtigten Schmidt Schnauze entwickelte, kann nur vermutet werden. Ein Stück Schnoddrigkeit seiner Herkunft aus dem Hamburger Arbeiterviertel Barmbek wird eine Rolle gespielt haben. Dies vermutet auch die WELT in dem Artikel „Wie Barmbek den jungen Helmut Schmidt prägt“, erschienen im November 2015, in dem aus einem Porträt von Walter Henkels, Autor der FAZ-Serie „Bonner Köpfe“, zitiert wird. Henkels schreibt dort von dem jungen Bundestagsabgeordneten Schmidt, dass er aus dem Vorort Barmbek stamme und fährt fort: „Die Barmbeker Jungen sind seit Generationen berüchtigt und in Hamburg berühmt wegen ihrer Frechheit.“
Angekommen bei den Wurzeln der Bezeichnung schließen wir die Betrachtung zu „Schmidt Schnauze“ in vollem Bewusstsein, dass der schlagfertige Rhetoriker, überzeugungsstarke Politiker und stets gehörte Elder Statesman natürlich durch viel mehr geformt wurde als nur den Stadtteil, in dem er geboren wurde. Schmidt soll schon 1972 als Finanzminister versucht haben, den von ihm selbst in die Welt gesetzten Spitznamen loszuwerden, indem er behauptete: „Ich bin nicht mehr Schmidt Schnauze.“