Preisträgerin: „Was werden Sie hinterlassen, Herr Scholz?“

Ugandische Klimaschutzaktivistin Vanessa Nakate zieht in Hamburg kritische Bilanz des G7-Treffens

Grafik zeigt eine Gegenüberstellung des Wohnzimmers der Schmidts damals und heute, die Einrichtung ist identisch geblieben.

Die ugandische Klimaschutzaktivistin und erste Helmut-Schmidt-Zukunftspreisträgerin, Vanessa Nakate, zieht eine negative Bilanz des G7-Treffens im bayrischen Elmau. „In diesem kritischen Moment hatten die G7 eine historische Chance, ihre früheren Zusagen einzuhalten, die Finanzierung neuer fossiler Brennstoffe zu beenden und den Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen. Heute haben die G7 ihr Abschlusskommuniqué veröffentlicht: Darin haben die G7 unter der Leitung von Bundeskanzler Scholz beschlossen, die weltweit führenden Klimawissenschaftler, die IEA und sogar den UN-Generalsekretär António Guterres zu ignorieren und stattdessen zu neuen Investitionen in Erdgas aufzurufen“, so Nakate bei der feierlichen Preisverleihung in der Elbphilharmonie in Hamburg. 

Laut der Aktivistin werde „diese beschämende Entscheidung die Emissionen für Jahrzehnte festschreiben, während es viel zu lange dauert, den kurzfristigen Energiebedarf Europas zu decken. Diese Entscheidung wird auch weitere Schulden für Afrika mit sich bringen, da die neue Infrastruktur für fossile Brennstoffe bald veraltet sein wird“. 

Die Helmut-Schmidt-Zukunftspreisträgerin richtete sich in ihrer Rede direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz: „Was wird Ihr Vermächtnis sein, während die Welt mit einer neuen Reihe von kaskadenartigen Krisen zu kämpfen hat? Was werden Sie hinterlassen, Herr Scholz?” 

In ihrer Rede wies die 25-Jährige zudem auf die Risiken hin, denen protestierende Aktivist*innen vor allem im globalen Süden ausgesetzt sind.
„Einschüchterung, Überwachung, sexuelle Gewalt und Kriminalisierung. Im Jahr 2020 verzeichnete die Menschenrechtsorganisation Global Witness 227 tödliche Angriffe auf Umweltaktivisten. Das sind durchschnittlich mehr als vier Menschen pro Woche. Sichere Räume für Proteste schrumpfen überall auf der Welt“, sagte die Klimaschutzaktivistin. 

Nakate setzt alles daran, die schlimmsten Klimaauswirkungen abzuwenden: „Als ich jung war, war ich furchtbar schüchtern und ängstlich. Aber ich hörte meinen Vater und andere über den Regen sprechen.“ Dieser sei entweder ganz ausgeblieben oder führte zu Überschwemmungen. „Die Menschen in Afrika leiden schon jetzt unter einigen der brutalsten Auswirkungen der Klimakrise – und doch ist der gesamte afrikanische Kontinent für weniger als vier Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich“, so die Gründerin der in Afrika ansässigen Rise-Up-Bewegung.

Die Aktivistin unterstrich in ihrer Rede zudem die Vorreiterrolle von Helmut Schmidt, dem Namensgeber des Preises: „Es war Helmut Schmidt, der mutig genug war, autofreie Sonntage im autoverliebten Deutschland zu fordern, um die Bürger zusammenzubringen und ein gemeinsames Gefühl der Dringlichkeit während der Krise zu schaffen. Es war das erste Mal, dass viele Menschen die Grenzen des Wachstums und die Notwendigkeit einer Abkehr von fossilen Brennstoffen erkannten. Es war der Moment, in dem die Forschung und Innovation für erneuerbare Energien ernsthaft begann.“

Die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, die Wochenzeitung Die Zeit, und The New Institute haben mit dem Helmut-Schmidt-Zukunftspreis dieses Jahr eine neue Auszeichnung ins Leben gerufen, den Vanessa Nakate als erste Preisträgerin in der Elbphilharmonie in Hamburg am Dienstagabend, 28. Juni, vor rund 500 geladenen Gästen entgegennahm. Der Helmut-Schmidt-Zukunftspreis wird künftig jährlich an eine internationale Persönlichkeit überreicht, die mit ihrem bedeutenden Wirken für Demokratie und Gemeinwohl steht.

Grafik zeigt eine Gegenüberstellung des Wohnzimmers der Schmidts damals und heute, die Einrichtung ist identisch geblieben.

© BKHS/Strasheim

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