Hatice Cengiz | Helmut Schmidt Lecture 2022 „Speaking up!“

Menschenrechtlerin Hatice Cengiz hält die zweite Helmut Schmidt Lecture in Berlin

„Wer nicht redet, wird nicht gehört!“, sagte Helmut Schmidt einst. Damit lag er falsch. Denn wer überhaupt reden darf und wem dabei zugehört wird, ist eine Frage des Privilegs. Und auf der ganzen Welt schalten autoritäre Regime gerade die Menschen stumm, die ihre Stimme erheben. Journalist*innen und Menschenrechtler*innen werden diffamiert, bedroht, in ihrer Arbeit behindert oder getötet. Fundamentale Rechte wie die Versammlungs- oder Meinungsfreiheit, die 1948 ohne Gegenstimmen von der UN-Vollversammlung in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert wurden, sind in Gefahr. Die Situation Medienschaffender hat sich weltweit verschlechtert – auch in Deutschland.
 
Zum Glück gibt es mutige Menschen, die sich diesen Bedrohungen entgegenstellen. Eine von ihnen ist die türkische Menschenrechtlerin Hatice Cengiz. Ihr Verlobter, der Journalist Jamal Khashoggi, wurde am 2. Oktober 2018 im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet. Der US-Geheimdienst CIA kam zu dem Schluss, dass Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) den Mord persönlich anordnete. Bisher wurde jedoch niemand zur Rechenschaft gezogen. Im April 2022 verlegte die Türkei den Gerichtsprozess nach Saudi-Arabien und beendete das Verfahren so faktisch. Hatice Cengiz hat seit dem Mord ihr Leben dem Kampf für Pressefreiheit, Menschenrechte und Gerechtigkeit gewidmet. Aus diesem Grund wird sie am 10. November unter dem Titel „Speaking up!“ die Helmut Schmidt Lecture 2022 halten.

Von ihrem Einsatz könnten wir jederzeit lernen. Das Jahr 2022 hat uns einen besonders aktuellen Anlass dazu gegeben. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine bemühen sich Regierungen in Europa und den USA darum, ihre Energieversorgung ohne russische Importe sicherzustellen. Politiker wie US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron oder Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich aus diesem Anlass wieder mit MBS getroffen, der nach dem Mord an Jamal Khashoggi politisch isoliert war.

In ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung angekündigt, Deutschlands Außenpolitik wertebasiert zu gestalten. Dort heißt es: Im „Systemwettbewerb mit autoritär regierten Staaten“ bilden Menschenrechte den Kompass. Das droht angesichts von Energieinteressen in den Hintergrund zu geraten. Doch Werte und Interessen sind kein Gegensatz; und Angriffe auf Menschenrechte gehören zu den Hauptursachen für Kriege und Instabilität weltweit, die auch deutsche Sicherheitsinteressen betreffen. Es ist also gerade jetzt die Zeit, denen zuzuhören, die ihre Stimme erheben – wie Hatice Cengiz.

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