Kanzler auf Kollisionskurs: Sieben Unfälle mit 14 Privatwagen

Helmut Schmidt am Steuer: Falschparken, Zusammenstoß mit der Straßenbahn und sonstige „Kraftfahrzeugangelegenheiten“

Helmut Schmidt steigt mit zwei Aktentaschen und Sonnenbrille aus einem schwarzen PKW aus. Neben ihm steht ein Mann mit Hut und Anzug.

Liebe Leser*innen,

das Helmut Schmidt-Archiv in Hamburg-Langenhorn birgt viele Schätze und ermöglicht die exakte Rekonstruktion ganzer Lebensbereiche von Loki und Helmut Schmidt. Unsere Archivarin Karin Ellermann – eine notorische Fußgängerin und Radfahrerin – sah es als echte Herausforderung an, einen Schmidtletter über die Autos der Schmidts zu schreiben. Als versierte Archivarin konnte sie Struktur in die verstreut im Archiv liegenden „Kraftfahrzeugangelegenheiten“ bringen. Ihre Entdeckungen zur Frage, wie sich die Schmidts fortbewegten, geben unter anderem auch amüsante Einblicke in die besonderen – nicht immer regelkonformen – Fahrkünste des ehemaligen Polizeisenators und ersten Innensenators von Hamburg. 

Wir wünschen Ihnen eine vergnügliche Lektüre und allzeit gute Fahrt.
Ihre Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung



Alles begann mit einem gebrauchten Volkswagen (VW), den die Schmidts 1953 für 1.500 D-Mark weiterverkauften, um sich einen ebenfalls gebrauchten Mercedes 170 D in der Farbe Maron für 7.000 D-Mark anzuschaffen. Der Kauf und erste Ausflüge mit dem neuen Wagen wurden im Fotoalbum von 1953 festgehalten, das im Helmut Schmidt-Archiv verwahrt wird. 

Bereits im selben Jahr verursachte Helmut Schmidt mit diesem Mercedes am Isekai/Ecke Geffckenstraße in Hamburg einen Zusammenstoß mit einem Opel Olympia-Rekord, weil er ihm die Vorfahrt nahm. Schmidt wurde dabei verletzt. Er hatte Prellungen, einen Bluterguss und Schnittwunden im Gesicht und musste für zwei Tage krankgeschrieben werden.

Es war nicht der einzige selbstverschuldete Autounfall, der im Nachlass von Helmut Schmidt überliefert ist. In den Jahren von 1952 bis 1968 sind immerhin sieben Verkehrsdelikte dokumentiert, die auf sein Fehlverhalten zurückzuführen sind. Nur einmal handelt es sich dabei um Falschparken. Neben seinen privaten Autos fuhr Helmut Schmidt auch Dienstwagen. Mit einem dieser Fahrzeuge verursachte er in Bonn eine Kollision mit einer Straßenbahn. Wieder hatte er einem anderen Fahrzeug die Vorfahrt genommen. Der Schaden betrug 8,16 D-Mark und wurde von den Stadtwerken Bonn, nach Feststellung der Schuld, umgehend eingefordert. 

Den 1953 erworbenen Mercedes verkauften die Schmidts im Jahr 1958 für 2.200 D-Mark und ersetzten ihn durch einen neuen Ford Taunus 15 M de Luxe. Die Familie wechselte alle fünf bis sechs Jahre ihren PKW, sodass letztendlich 14 verschiedene Autos, zu denen die KFZ-Versicherungspolicen überliefert sind, nachgewiesen werden können. 

Dabei waren die Schmidts nicht markentreu. Neben den bereits erwähnten VW und Mercedes, wurden auch die Marken Ford und Opel gefahren. Loki und Helmut Schmidt erwarben sowohl gebrauchte als auch Neuwagen und bevorzugten ab den 1970er-Jahren Kombis. 

Wann Helmut Schmidt seine Führerscheinprüfung abgelegt hat, ist nicht bekannt. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass dies entweder während seines Wehrdienstes oder zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, also zwischen 1938 und 1939, geschah. Vielleicht liegt der Grund für Schmidts rasante, um nicht zu sagen, riskante Fahrweise, darin, dass er Zeit seines Lebens, als Flakausbilder, Minister, Bundeskanzler, einen übervollen Terminkalender bewältigen musste. Zum Glück blieb es meist bei Blechschäden und Personen kamen dabei nicht zu Schaden.

Im Zusammenhang mit der Sturmflut vom Februar 1962 berichtet Helmut Schmidt, dass er von Ochsenzoll bis zum Karl-Muck-Platz (der 1997 zum Johannes-Brahms-Platz umbenannt wurde) nur zwölf Minuten gebraucht habe. Viele halten diese Aussage für wenig glaubhaft. Ein Test bei Google-Maps ergibt allerdings für die Strecke vom Neubergerweg 80 bis zum Johannes-Brahms-Platz in den frühen Morgenstunden eine Fahrzeit von 20 Minuten bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern. Bedenkt man Schmidts übliche Fahrweise und die menschenleeren Straßen am 17. Februar 1962, so erscheint diese Fahrzeit von zwölf Minuten durchaus realistisch. 

Hannelore „Loki“ Schmidt, die erst im Februar 1968 ihren Führerschein bei der Fahrschule Georg Kleemann in Hamburg machte, wurde im Oktober des gleichen Jahres in einen Unfall verwickelt. Die Freude am Fahren wurde ihr damit schnell genommen, wie sie später in einem Gespräch erwähnte. 

Von beiden, sowohl von Helmut als auch von Loki Schmidt, sind internationale Führerscheine im Helmut Schmidt-Archiv überliefert. Helmut Schmidts wurde 1964 und Loki Schmidts 1975 ausgestellt. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass Helmut Schmidt seit 1977 auch einen Führerschein für Yachten, Binnenfahrt A, besaß. Doch Kollisionen auf dem Wasser sind nicht überliefert.

Sicherlich war es für Helmut Schmidt von Vorteil, dass er bereits als Verteidigungsminister einen Dienstwagen mit Chauffeur zur Verfügung gestellt bekam und seitdem von professionellen Fahrern betreut wurde. Trotzdem kam es 1972, als Helmut Schmidt Finanz- und Wirtschaftsminister war, zu einem Unfall mit Dienstwagen und Chauffeur in Hamburg. Ein Hamburger Kaufmann hatte dem Mercedes, in dem Loki und Helmut Schmidt saßen, an der Kreuzung Halstenbeker Straße/Heidlohstraße die Vorfahrt genommen. Das Fahrzeug krachte gegen einen „Peitschenmast“ und das dahinterfahrende Begleitfahrzeug fuhr auf den Mercedes auf. Zum Glück konnten sowohl die Schmidts als auch ihr Fahrer nach einer ambulanten Behandlung das Krankenhaus noch am selben Abend verlassen. 

Auch heute noch bekommt das Archiv ab und an Besuch von ehemaligen Fahrern Helmut Schmidts wie beispielsweise Hans-Peter Lambertz oder Albert Giersberg, die im Rahmen eines „Zeitzeugenprojekts“ über ihre Fahrten und Erlebnisse berichten. 

Aus der Kanzlerzeit bewahrte Helmut Schmidt ein kleines Modell der Kanzlerlimousine Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 mit dem Stander in den Nationalfarben der Bundesrepublik auf. Es steht als Erinnerungsstück im Regal seines Arbeitszimmers in Langenhorn. Helmut Schmidt war Mitglied im ADAC. 1987 wurde ihm die Urkunde zur 25-jährigen Mitgliedschaft überreicht.

Als Fußgängerin werde ich das Gefühl nicht los, dass die Schmidts nicht nur recht viele private Autos – 14 verschiedene können wie gesagt nachgewiesen werden – besaßen, sondern auch in viele Unfälle – sieben selbst verschuldete und vier mit Fremdverschulden sind belegt – verwickelt waren. Als Archivarin bin ich erfreut, dass Helmut Schmidt auch diesen Aspekt seines Lebens in seinem Nachlass aufbewahrt hat. Und ich stelle fest: Eine Persönlichkeit wie die seine hat viele Facetten – und es ist gut, sich auch an seinen Fahrstil erinnern zu können. 

Kraftfahrzeugsteuerkarte von Helmut Schmidt vom 26. September 1953.

1953 kauften die Schmidts ihren zweiten PWK: einen Daimler-Benz.

© Helmut Schmidt-Archiv

Helmut, Loki und Tochter Susanne Schmidt stehen vor einem Auto. Die junge Susanne schmiegt sich an Mutter Loki.

Ausflüge mit dem neuen Wagen wurden im Fotoalbum der Familie festgehalten.

© Helmut Schmidt-Archiv

Schreiben von den Stadtwerken Bonn an Helmut Schmidt.

Am Steuer seines Dienstwagens nahm Schmidt 1954 einem anderen Fahrzeug die Vorfahrt: Der Schaden betrug 8,16 D-Mark.

© Helmut Schmidt-Archiv

Helmut Schmidt steigt mit zwei Aktentaschen und Sonnenbrille aus einem schwarzen PKW aus. Neben ihm steht ein Mann mit Hut und Anzug.

Als Verteidigungsminister bekam Schmidt einen Dienstwagen mit Chauffeur zur Verfügung gestellt.

© Helmut Schmidt-Archiv

Ein Polizist beugt sich herunter, um einen Blechschaden an der linken Seite eines Autos zu betrachten.

1972, als Helmut Schmidt Finanz- und Wirtschaftsminister war, kam es zu einem (nicht selbstverschuldeten) Zusammenstoß in Hamburg.

© Helmut Schmidt-Archiv

Urkunde mit ADAC Wappen mit dem Emblem 25 Jahre Club-Mitglied. Der ADAC spricht in der Urkunde einen herzlichen Dank für die langjährige treue Verbundenheit aus.

1987 erhielt Helmut Schmidt die Urkunde zur 25-jährigen Mitgliedschaft des ADAC.

© Helmut Schmidt-Archiv

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