Am 9. November 1978, 40 Jahre nach den als „Reichspogromnacht“ in die Geschichte eingegangenen Gewaltexzessen gegen Juden im Dritten Reich, gedachte Helmut Schmidt in der Synagoge zu Köln der Opfer und ordnete die Ereignisse in ihre historischen Kontexte ein.
Schmidt war nicht der erste Bundeskanzler, der in einer Synagoge sprach, aber der erste, der in einem jüdischen Gotteshaus die deutsche Verantwortung für nationalsozialistische Verbrechen – bezogen auf den 9. November 1938 – direkt ansprach: „Wo Gotteshäuser brannten, wo auf einen Wink der Machthaber zerstört und geraubt, gedemütigt, verschleppt, eingekerkert wurde, da gab es keinen Frieden mehr, keine Gerechtigkeit, keine Menschlichkeit mehr.“ Schmidt forderte die Deutschen auf, aus den Verbrechen Konsequenzen zu ziehen und Verantwortung zu übernehmen – auch wenn er ein Jahr zuvor, bei einer Rede in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz in Polen, die „heute [1977] lebenden Deutschen“ für „zu allermeist unschuldig“ erklärt hatte. In seiner Kölner Rede folgerte Schmidt weiter: „Aber wir haben die politische Erbschaft der Schuldigen zu tragen und aus ihr die Konsequenzen zu ziehen. Hier liegt unsere Verantwortung.“
Der Besuch des Bundeskanzlers in Auschwitz und die Ansprache in der Kölner Synagoge 40 Jahre nach der Reichspogromnacht stehen dafür, dass die Bundesrepublik sich zunehmend mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzte.