Im Hause Schmidt gibt es viel zu entdecken

Wohnhaus von Loki und Helmut Schmidt als Forschungsgegenstand

Direkt hinter der Eingangstür im Flur des Wohnhauses von Helmut und Loki Schmidt hängt ein Schild mit der Aufschrift „Wir sind die Schmidts“ an der Wand. Foto: Michael Zapf/BKHS

Liebe Leser*innen,

das Wohnhaus von Loki und Helmut Schmidt in Hamburg-Langenhorn wird seit dem Tod der beiden nicht mehr bewohnt. Trotzdem steht es nicht leer. Hier wird gearbeitet, geforscht und es finden – in begrenztem Umfang – Führungen statt. Einen großen Anteil an der Forschungsarbeit im Hause Schmidt hat die Bestandsaufnahme aller Gegenstände von der Untertasse bis zur Schallplatte.

Unsere Kollegin aus unserem Team „Ausstellungen und Geschichte“, Claudia Strecker, inventarisiert akribisch alles, was aufzufinden ist. Sie gibt Ihnen im aktuellen Schmidtletter Einblicke in diese wichtige Arbeit und stellt einige besondere Fundstücke vor.

Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen
Ihre Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung


 

Seit 2017 wird im Wohnhaus von Loki und Helmut Schmidt der komplette Bestand (zum Beispiel Möbel, Teppiche, Bilder, Geschirr und Hausgeräte) aufgenommen. Ziel ist es, eine Datenbank aufzubauen, in der man jederzeit nachschauen kann, wo sich welches Objekt befindet und welche Geschichte und Herkunft dieser Gegenstand hat. Meine Kolleg*innen und ich unterscheiden dabei nicht, ob etwas sehr wertvoll oder künstlerisch bedeutend ist, sondern nehmen alles gleichwertig auf. Sie fragen sich bestimmt „Wozu das Ganze?“

Diese Frage ist wichtig und verdient eine gute Antwort. Das Wohnhaus von Loki und Helmut Schmidt war über viele Jahrzehnte ihr Zuhause. Es kamen viele berühmte Leute zu Besuch, aber auch Familienangehörige und Freund*innen. Es gibt einige Menschen, die dort auch gearbeitet haben, wie die Personenschützer, Hauswirtschaftlerinnen und Mitarbeiter*innen von Loki und Helmut Schmidt.  

Eine Ansammlung von Geschichte und Geschichten

Im Laufe der Zeit hat sich das Haus mit Geschichte und Geschichten gefüllt. Es hat sich ständig verändert, die Möbel wurden umgestellt, es wurde renoviert und umgebaut. Gegenstände, Bilder und Möbel kamen dazu, wurden mitgebracht, geschenkt oder weggegeben. Dieses Wohnhaus ist etwas Besonderes, da Loki und Helmut Schmidt es über viele Jahre hinweg stark geprägt haben. Sie haben im Haus ihre Spuren hinterlassen und die besondere Atmosphäre geschaffen, die bis heute vorhanden ist. Viele Objekte erzählen ihre gemeinsame Geschichte. Wenn man das Wohnhaus heute betritt, begibt man sich auf eine Zeitreise – durch das Leben dieser beiden Menschen.  

Fangen wir mit der Diele an: Sie wurde 1974 neugestaltet und strahlt immer noch den Charme dieser Zeit aus. Grasfasertapeten, eine Garderobe aus lackiertem Holz, Schirmständer und Bilder von Emil Nolde. In der Ecke ein kleines Schild mit der Aufschrift „Wir sind die Schmidts“. Eine einfache und schlichte Feststellung und doch charakteristisch für die bodenständigen Schmidts.

Von dort geht es weiter, vorbei an Gemälden, Bildern und Skulpturen vieler Künstler*innen in das Wohnzimmer. Dieses strahlt eine gemütliche Atmosphäre aus. Es ist geprägt von deckenhohen Bücherregalen und Bildern an den Wänden, braunen Ledersofas davor und einem gemauerten Kamin. Die Ledersofas und Sessel sind nicht wuchtig, sondern schlicht und elegant – typisch für Möbel von dänischen Designer*innen und die 1960er-Jahre.

Die Küche wurde 1974 eingebaut. Die damals hochmoderne Einbauküche von SieMatic in „sonnengelb“ galt als platzsparend, funktional und ohne Schnickschnack. Heute ist sie, bis auf wenige Ausnahmen, noch so erhalten, wie zu Lebzeiten von Loki und Helmut Schmidt. Es ist unschwer zu erkennen: Das Wohnhaus ist wie eine Zeitkapsel.

Das Zimmer von Loki Schmidt

Ein Raum möchte ich hier besonders hervorheben: Das Zimmer von Loki Schmidt. Hier finden sich viele Objekte, die von ihrem Leben erzählen.

Oben im Regal befindet sich ein Mitbringsel aus Venezuela. Dort war sie 1993 auf einer ihrer Forschungsreisen. Es sind fünf Figuren aus Holz. Diese Figuren sind auf einem Holzgestell befestigt, sodass sie beweglich sind. Die Figuren tragen Teufelsmasken und rote Kleidung mit einem Kreuz auf der Brust und sie haben Musikinstrumente in den Händen. Nur die vordere trägt eine Fahne. Bei den Figuren handelt es sich um eine Darstellung der „Teufel von Yare“ (auf Spanisch „Diablos de Yare“). Die Figuren spielen eine wichtige Rolle beim Fronleichnamsfest in San Fransisco de Yare, Venezuela. Die Leute verkleiden sich als diese „Teufel“ und tanzen durch die Straßen zu lauter Trommelmusik. Sie pilgern in die Kirche, wo dann das Böse in Gutes verwandelt wird. Dieses Fest geht zurück ins Jahr 1749 und gehört mittlerweile zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe. Ob Loki Schmidt dem Fest beigewohnt hat und deshalb das Andenken mitbrachte, ist leider nicht bekannt.

In ihrem Zimmer hängen Bilder vom Hamburger Künstler Lars Wiggert. Die Schmidts gewährten ihm 2007 Zugang zu ihrem Haus am Brahmsee, damit er dort arbeiten konnte. Es entstanden einige Bilder, die unter anderem, den schönen Ausblick auf den See zeigen. Kein Wunder, dass sich Loki Schmidt dieses Bild hat aufhängen lassen.

Eine Besonderheit ist auch ein flaches braunes Samenkorn. Es liegt eher unscheinbar im Regal. Aber Loki Schmidt war ja bekanntlich Botanikerin und hat viele Expeditionen unternommen, die sie in unterschiedliche Länder und Regionen der Welt führten. Dies lässt vermuten, dass es sich hierbei nicht nur um irgendeinen Samen handelt. Vielleicht weiß ja jemand von Ihnen, von woher und von welcher Pflanze das Samenkorn stammt?

Fossilien und Versteinerungen

Im ganzen Wohnhaus finden sich Versteinerungen und Fossilien, sowohl von Pflanzen, wie Farne oder Bäumen, als auch von Tieren, wie Ammoniten oder Fische. An die 24 Fossilien haben wir bis jetzt gefunden. Ein besonders schönes Stück ist der Abdruck eines versteinerten Fischs. Jede Gräte ist zu erkennen. Die Platte hängt am Eingang zur Bar. Es handelt sich dabei um ein Geschenk von Willy Brandt an Helmut Schmidt zu dessen 60. Geburtstag 1978. Wir sind gespannt, wie viele Fossilien wir im Haus noch finden werden.  

Liebesbeweise

Unter den besonders persönlichen Funden während der Inventarisierung, zählt ein altes Hochzeitsfoto von Loki und Helmut Schmidt. Darauf ist Loki Schmidt im weißen Kleid mit Blumen in der Hand und neben ihr Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform zu sehen. Dieses Foto ist in Kunstharz gegossen worden. Es befinden sich Zweige um das Bild herum drapiert und darunter zwei Ringe. Vermutlich handelt es sich um ein Geschenk zu ihrer goldenen Hochzeit 1992.

Die Inventarisierung der Objekte ist nötig, um das Haus in seiner Gesamtheit und Besonderheit zu erhalten, um seine Geschichte festzuhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bis jetzt haben wir in zwei Projektschritten über 7.000 Objekte aufgenommen und wir sind noch lange nicht fertig. Es gibt noch vieles zu entdecken.

Wenn Sie neugierig geworden sind, können Sie in unserem Bildband „Zuhause bei Loki und Helmut Schmidt“ noch mehr über das Wohnhaus erfahren.

Direkt hinter der Eingangstür im Flur des Wohnhauses von Helmut und Loki Schmidt hängt ein Schild mit der Aufschrift „Wir sind die Schmidts“ an der Wand. Foto: Michael Zapf/BKHS

Das Wohnhaus von Helmut und Loki Schmidt liegt im Neubergerweg 80 in Langenhorn. Momentan werden alle Gegenstände inventarisiert und in einer Datenbank erfasst. Foto: Michael Zapf/BKHS

Die Figuren „Diablos de Yare“ hat Loki Schmidt von einer Forschungsreise aus Venezuela mitgebracht. Foto: Claudia Strecker/BKHS

Der Abdruck eines versteinerten Fischs war ein Geschenk von Willy Brandt an Helmut Schmidt zu dessen 60. Geburtstag 1978. Foto: Claudia Strecker/BKHS

Dieses Samenkorn wurde in Loki Schmidts Zimmer gefunden. Die Herkunft ist unbekannt. Foto: Claudia Strecker/BKHS

Das Gemälde von Lars Wiggert zeigt den Blick vom Ferienhaus der Schmidts auf den Brahmsee. Foto: Claudia Strecker/BKHS

Autorin: Claudia Strecker

Mitarbeiterin „Ausstellungen und Geschichte“

In unserer Dauerausstellung „Schmidt! Demokratie leben“ arbeitet Claudia Strecker am Empfang. Darüber hinaus ist sie mit der Inventarisierung des Wohnhauses von Helmut und Loki Schmidt in Hamburg-Langenhorn beschäftigt. Dort nimmt sie alle Objekte in eine Datenbank auf. Sie hat einen Magister-Abschluss in Vor- und Frühgeschichte, altamerikanischen Sprachen und Kulturen und in Ethnologie.

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