„Schmidt sagt Gammelei den Kampf an“: Debatte um eine Bundeswehrreform

Das Helmut Schmidt-Archiv gibt einen Einblick in das Presseecho aus dem Jahr 1970

Autor/in:Axel Schuster

Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt im Manöver am 15. Juni 1972 in Munster. © Fritz Rust, imago

Liebe Leser*innen,

in Hamburg-Langenhorn befindet sich nicht nur das Wohnhaus der Schmidts, sondern auch das Privatarchiv von Helmut Schmidt. Hier ist unter anderem auch in mehr als 300 Ordnern das „Presseecho“ von 1953 bis 2015 dokumentiert. Helmut Schmidt archivierte selbstständig seit seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter akribisch Pressemeldungen, Kommentare und Berichte der westdeutschen Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunkbeiträge aus Ost und West sowie Pressemitteilungen aus dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.

In diesem Schmidtletterbetrachtet unser Archivar Axel Schuster die Rolle Helmut Schmidts als Verteidigungsminister der sozial-liberalen Koalition im Blick der Presseausschnitte des Jahres 1970.

Eine spannende Lektüre zum Wochenende wünscht Ihnen
Ihre Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung


 

Helmut Schmidt übernahm am 22. Oktober 1969 das Amt des Verteidigungsministers von seinem Vorgänger Gerhard Schröder (CDU). Erstmals wechselte damit die parteipolitische Verantwortung für die seit 1955 im Aufbau befindliche Bundeswehr von den Unionsparteien zur SPD. Die Vorstellungen einer Bundeswehr der 1960er-Jahre waren unterschiedlich: Die Traditionalisten hielten die Soldatentugenden hoch. Tapferkeit, Fürsorge, Kameradschaft, Entschlossenheit, Opferbereitschaft und Disziplin und die Hingabe einer Sache ihrer selbst willen standen hoch im Kurs und knüpften an ein Ethos der deutschen Militärgeschichte an. Die Reformer unter den westdeutschen Militärs sympathisierten mit dem Bundeswehr-Konzept der „Inneren Führung“, mit einem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform, der integriert in Staat und Gesellschaft, einen ethisch, rechtlich und politisch legitimierten Auftrag erfüllt. Welche Impulse konnte Helmut Schmidt als Verteidigungsminister und oberster Dienstheer der Bundeswehr im Jahr 1970 setzen?

Nach drei Monaten im Amt befragte die Neue Osnabrücker Zeitung am 16. Januar 1970 Helmut Schmidt: „Sie werden in diesen Tagen mit einer Reise zu Bundeswehrstandorten die kritische Bestandsaufnahme zur Situation der Bundeswehr in Gesprächen mit Offizieren und Unteroffizieren beginnen […] Lassen Art und Bezeichnung ,kritische Bestandsaufnahme‘ darauf schließen, daß Sie selbst Tendenzen und Entwicklungen in der Bundeswehr kritisch gegenüberstehen?“ Seine Antwort: „Ja […] Der Wandel unserer Gesellschaft, der Fortschritt der Technik, die Personallage der Bundeswehr, ihr Ausbildungs- und Ausrüstungsgegenstand sowie vor allem auch die wachsende praktische Erfahrung der Soldaten machen diese umfassende Bestandsaufnahme nötig. Unser Vorgehen ist neu für die Bundeswehr.“ Helmut Schmidt bezog alle Rangstufen in die Betrachtung ein, den Generalstab, die Offiziere und Soldaten der unteren Dienstränge. Die Neue Osnabrücker Zeitung fragte nach: „Müßte bei einer kritischen Betrachtung der inneren Situation nicht auch das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit kritisch geprüft werden?“ Schmidts Antwort: „Ja. Wir werden uns darum bemühen, die Ursachen offenzulegen, die zu gelegentlichen Spannungen zwischen Teilen der Armee und Teilen der Gesellschaft führen. Im übrigen wäre meine Hoffnung, daß das Bild, das die öffentliche Meinung unserer Gesellschaft von ihrer Bundeswehr hat und beständig ergänzt und ändert, möglichst weitgehend der Realität der Bundeswehr entspräche. Ich bin gegen ein verschönerndes Bild ebenso wie gegen eine negative Verzerrung.“

Der Kommentar der Stuttgarter Zeitung „Die demokratische Armee“ vom 23. Januar erregte wohl einige Aufmerksamkeit. Der Autor (Oskar Fehrenbach) begann den Text zur Ankündigung von Schmidts Bestandsaufnahme: „Wer den Bundesverteidigungsminister um sein Amt beneidet, kann nicht bei Verstand sein.“ Und setzte anerkennend fort, von Helmut Schmidt während seiner Lektüre grün angestrichen: „Diese Gnaden- oder Galgenfrist sollte man dem neuen Verteidigungsminister zubilligen – schon deshalb, weil von dem plumpen Versuch, dergestalt auf immerwährende Tauchstation zu gehen, wie es vordem Gerhard Schröder (zugegebenermaßen mit verblüffendem Erfolg) getan hatte, hier nicht die Rede sein kann. Ohnehin leben wir nicht mehr in der Ära der Großen Koalition, in der auch die SPD fast alles tat, die fälligen Auseinandersetzungen um die Bundeswehr weitgehend auszuklammern. Die ‚strukturellen Verbesserungen‘ für die verzweifelte Personalsituation, die der fünfte Bundestag zu guter Letzt noch ermöglicht hat, waren zwar nicht ohne Gewicht, betrafen aber nicht den Kern der inneren Verfassung unserer Armee. Worum es da in Wahrheit geht, hat der Fall des Generals Grashey im vergangenen Jahr massiv angekündigt und die ‚Schnez-Studie‘ jetzt vollends für jedermann erkennbar gemacht.“ 

Hellmut Grashey arbeitete an den vom Verteidigungsminister Gerhard Schröder in Auftrag gegebenen ‚Gedanken zur Verbesserung der inneren Ordnung des Heeres‘ mit, bekannt als ‚Schnez-Studie‘ seines Vorgesetzten und Chef des Stabs Albert Schnez. Diese Studie stellte weitreichende Forderungen an die Zivilgesellschaft zur Stärkung des Militärs, es fehlte ein Verteidigungswillen im Volk, angestrebt war eine Rückkehr der Bundeswehr zu alten soldatischen Tugenden. Generalmajor Grashey und der mutmaßliche Mitverfasser General Heinz Karst mussten zum Jahresende 1969 ihren Dienst quittieren und in den Ruhestand treten.
 
Zwei Tage später zitierte die Hamburger Morgenpost in ihrem Kommentar „Leutnant 1970“ Helmut Schmidt nach seinen Gesprächen mit Soldaten aller Dienstgrade: „Ich habe einen Haufen gelernt“. Die „kritischen Leutnants fühlen sich von ihrem Minister aufgerufen, an der ‚Bestandsaufnahme‘ teilzunehmen und wählen dazu den Weg in die Öffentlichkeit. Schon allein das ist ein Novum in der deutschen Militärgeschichte.“ Die jungen Leutnants legten dem Verteidigungsminister ihre neun Thesen unter dem Titel „Der Leutnant 1970“ vor, gewissermaßen als Antwort gegen die ‚Schnez-Studie‘ unter Schmidt Amtsvorgänger Schröder, wobei ihre erste These gleich ein Statement setzte: „Ich will ein Offizier der Bundeswehr sein, der eine Sache nicht um ihrer selbst willen tut.“ Die Leutnants lehnten soldatische Tugenden und antiquierte Rollenverteilungen ab, hinterfragten stattdessen ihre Rolle als Offizier und fühlten sich der Friedenserhaltung verpflichtet.

Der Spiegel war mit seiner nächsten Ausgabe vom 26. Januar mit dabei, als Kanzler Willy Brandt (SPD) und Verteidigungsminister Helmut Schmidt an einer Diskussion mit 180 Unteroffizieren der Hamburger Heeresoffiziersschule teilnahmen. Die praktische Ausbildung bei der Bundeswehr, ob als Hubschrauberpilot, Schnellboot-, Panzer- oder Lkw-Fahrer kam bei den Unteroffizieren in Form sinnvoller Arbeitszeitgestaltung nicht gut weg, ebenso wenig stieß eine gewisse Bevorzugung von Abiturienten in der Ausbildung auf Kritik. Während der Kaffeepausen herrschte mit Zigarette und Hand in der Hosentasche eine gelöste Stimmung und Nähe zwischen den Diskutanten.

Die Pressemitteilung ppp vom 27. Januar sprach von Gegenmaßnahmen gegen die Zeitvergeudung in der Bundeswehr. „Schmidt sagt der ‚Gammelei‘ den Kampf an“ und „Als eines der Hauptergebnisse der offiziellen ‚Bestandsaufnahme‘ ist nach Aussagen aus der Ministerumgebung eine Reihe von Entscheidungen und Maßnahmen zu erwarten, die dieser unnötigen Zeitvergeudung umfassend entgegenwirken können.“ Als mögliche Mittel standen Dienstleistungsabzeichen, Beförderungen oder Geldprämien zur Diskussion. Ein pauschaler negativer Eindruck der ‚Gammelei‘ konnte eine allgemeine Unlust an der Bundeswehr verstärken. Schmidt beauftragte den Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Conrad Ahlers mit einer umfassenden Meinungs- und Motivforschung über das Bild des ‚Soldaten in Deutschland‘. Es sei eine Klarstellung über Sinn, Zweck und Aufgabe der Bundeswehr und ihrer Angehörigen bei den Soldaten selbst und in der Bevölkerung erforderlich. Gleichzeitig erwog die Bundesregierung, einen Beauftragten für den zivilen Ersatzdienst zu benennen. Begleitend dazu beunruhigte ein Streik von Wehrdienstverweigerern gegen ihre unzureichende Unterbringung. Neben einer Rufschädigung in Teilen der Bundeswehr gingen Tendenzen zu einer verstärkten Nachfrage nach Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer faktisch in dieselbe Richtung.

Erstaunen rief ein Aufsatz vom 21. Februar von Helmut Schmidt in deutsche korrespondenz hervor: „Die Bundeswehr ist eine Defensiv-Armee.“ Wobei der angebliche Verfasser Helmut Schmidt bei seiner Lektüre anmerkte: „Wer gibt diese Korrespondenz heraus? Wer berechtigt sie, ein fingiertes HS-Interview abzudrucken?“ Diese Sätze dürfte kaum ein Verteidigungsminister publiziert haben: „Die Streitkräfte der Bundeswehr sind zwar zum taktischen Gegenangriff in bestimmtem Gelände fähig, aber sie sind nicht befähigt für eine raumgreifende Offensive. Dabei würde der Bundeswehr sehr schnell die Puste ausgehen. Die Bundeswehr ist, was ihren logistischen Unterbau für Versorgung und Nachschub angeht, genau wie ihre Truppe selbst auf Verteidigung zugeschnitten. Für mehr reichen Materialreserven, Depot- und Transportkapazitäten nicht aus. Es soll auch nicht anders sein: wir haben und brauchen keine Expeditionskorps.“ Eine plausible Erklärung aus dem Informations- und Pressezentrum erhielt Helmut Schmidt nicht, wer der Verfasser dieses Textes gewesen ist.

Das Bundestagsmitglied der CDU, Hermann Stahlberg, positioniert in der Führung des Bundeswehrverbands, kritisierte Helmut Schmidt in der Deutschen Tagespost vom 3. April, der Minister „redet und reist“, sein Haus unterliegte einer kollegialen Führung, Schmidt unterließe es, klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu schaffen und erschwere dadurch Entscheidungsfindungen. Auf diesen Artikel ging Schmidt zweierlei ein: Stahlberg war für ihn laut Anmerkung ein „wohltuender Gegensatz zu[m]  Bundeswehrverband“ und einen Anstrich-Gedanken wollte er „zur BT-Debatte über Weißbuch spätestens 1/6/70“ vorgelegt haben: „Schmidts Kollegialprinzip, das so wenig seiner eigenen Natur entspricht, verwischt die Zuständigkeiten und erschwert die Entscheidungen in einer Art, wie es für ein so großes und an sich schon schwerfälliges Haus wie das Verteidigungsministerium nur abträglich sein kann.“

Die Meldung des CSU-Organs Bayernkurier „Kampfkraft geschwächt“ vom 30. Mai fiel wenig überraschend sehr kritisch aus. „Das Bundesverteidigungsministerium tut alles, um unsere Bundeswehr, die ohnehin heute einen schweren Stand hat, noch weiter zu verunsichern. Aus opportunistischer Gesinnungskumpanei mit den linksextremen Kräften innerhalb der Partei versucht die SPD den Verteidigungsauftrag und die Schlagkraft unserer Streitkräfte derart zu nivellieren, daß sie kein ernst zu nehmender Gegner mehr sind. Die Reduzierung des Verteidigungshaushaltes durch die SPD/FDP-Regierung ist dafür der deutlichste Beweis.“

Nach der Weißbuch-Debatte im Bundestag zum Stand der Bundeswehr und zur (west-) deutschen Sicherheitspolitik blieben die Kritiken nicht aus. Der Pressedienst Bonner Bericht erwähnte in der Schnell-Information des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung vom 15. Juni: „In der NATO gerät Helmut Schmidt immer mehr aufs Glatteis, je mehr er bemüht bleibt, die Verteidigungsanstrengungen gering zu halten“ Helmut Schmidt vermerkte: „Finanziert das BPr.Inf.Amt immer noch diesen Dienst?“ Eine Woche später erhielt Schmidt die Antwort, der Bonner Bericht wurde in den letzten Jahren nicht mehr finanziert. 

Das Weißbuch der Bundeswehr konnte Karl-Eduard von Schnitzler, der Chefpropagandist im DDR-Fernsehen, in seiner Sendung Der schwarze Kanal vom 16. Juni nicht unerwähnt lassen: „Die Bemerkung Helmut Schmidts, Sicherheitspolitik sei für ihn auch Rüstungskontrollpolitik“, konterte Schnitzler so: „Klingt gut. Nur läuft dieses sogenannte ‚Weißbuch‘ aufs Gegenteil hinaus. Ein erneutes Bekenntnis zur imperialistischen Globalstrategie und zur engsten Partnerschaft mit den USA, zur aggressiven Natopolitik und zu den Pariser Verträgen stellt dieses ‚Weißbuch‘ dar, mit dem die Regierung Brandt/Scheel/Schmidt die Kontinuität der bisherigen Militärpolitik der CDU/CSU unterstreicht.“ „Von drüben“ ertönten wieder vertraute Worte.

In der Hamburger Morgenpost vom 27. Juni kam der Verteidigungsminister im Kommentar von Dieter Gütt „Leutnant 70 – General 80“ gut weg. „Wer die erste Legislaturperiode dieses Bundestages Revue passieren läßt, in der die Regierungsverantwortung zum erstenmal in der Hand eines sozialdemokratischen Kanzlers lag, der kommt an der Feststellung nicht vorbei, daß ausgerechnet ein Amtsbereich makellos funktioniert hat, von dem man es am wenigsten erwartete: der des Bundesministers der Verteidigung. Das Weißbuch zur Lage der Bundeswehr, daß Minister Schmidt vorgelegt hat, ist auch in der knappen Erinnerung ein Meisterwerk an politischer Prägnanz, unbemäntelter Verantwortung, zügigen Perspektiven und nüchterner Einschätzung der Fehler.“

Die rangübergreifenden Anredeformen setzte das Bundesverwaltungsgericht am 25. März 1970 als verfassungswidrig außer Kraft. Bis dorthin wurden die Offiziere mit Herr, die Mannschaften mit Dienstgrad angeredet. Dementsprechend erging durch den Bundesverteidigungsminister eine Anordnung, titelte der Bonner Generalanzeiger am 6. August, es gebe „Nur noch Herren in der Bundeswehr“. Die alte Dienstvorschrift sei wegen Verletzung des Gleichheitsprinzips außer Kraft gesetzt. „Wenn sich Soldaten in Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben gegenübertreten, reden sich – auch außerhalb der Dienstzeit und außerhalb militärischer Anlagen und Einrichtungen – Untergebene und Vorgesetzte sowie Soldaten verschiedener Dienstgrade gegenseitig mit ‚Herr und Dienstgrad‘ an.“ Die Bild-Zeitung differenzierte die Regelung schon in der Titelzeile „Auch der Gefreite ist jetzt ein ‚Herr‘ - Aber im Manöver wird er wieder Gefreiter“ aus Gründen der Zweckmäßigkeit.

Den Thesen der „Leutnante 1970“ folgten weitere Reaktionen. Die „Hauptleute von Unna“ konterten mit ihren Argumenten in Richtung weniger Demokratisierung der Armee. Wehrpflichtige meldeten sich aus dem „Arbeitskreis Demokratischer Soldaten“ mit der Studie „Soldat 70“ zu mehr Demokratisierung zu Wort. Schmidts Verfügung vom 8. Februar 1971, um die Bundeswehr für langhaarige, junge Männer attraktiver zu machen, musste ein Jahr später zurückgenommen werden. Nach dem „Haarerlass“, der Dienstvorschrift zur Haar- und Barttracht der Soldaten, wurde die Bundeswehr mit mehr als 740.000 Haarnetzen versorgt, worauf die britische Presse von der „German Hair Force“ sprach. Im Mai 1972 kassierte das Verteidigungsministerium den Erlass. Einerseits aus Furcht vor dem Ansehensverlust der Bundeswehr, andererseits wegen vermehrten Schwitzens unter dem Stahlhelm und den hygienischen Folgen daraus.

Knapp drei Jahre war Helmut Schmidt Verteidigungsminister, bis er am 7. Juli 1972 das Amt des Finanz- und Wirtschaftsministers von Karl Schiller übernahm. Die Süddeutsche Zeitung stellte ihm am Folgetag ein gutes Zeugnis aus. „Die großen Linien seiner Arbeit waren durch die Eingliederung der Streitkräfte in die Atlantische Allianz vorgezeichnet. Aber innerhalb dieses relativ engen Spielraumes hat der Minister gezeigt, wie die Armee von ihren chronischen Kümmernissen, Personalmangel und Selbstmitleid, zu heilen ist. Die Truppe wurde in ihren Leistungen für den Soldaten attraktiver; freilich auch teuer. Sie erhielt die Grundlage für ein beispielhaftes Bildungssystem und blieb gegenüber der Gesellschaft auf Integrationskurs. Schmidt setzte neue Maßstäbe: die Wehrpflicht wurde kürzer und gerechter, Wehrpolitik insgesamt für die Öffentlichkeit durchsichtiger.“ Verteidigungsminister Schmidt regte eine Bildungsreform an, wobei die Bundeswehr die Idee des permanenten Lernens und beruflicher Weiterbildung mit den beiden zukünftigen Universitäten der Bundeswehr in Hamburg und München umsetzten sollte. Die Normen der Lern- und Leistungsgesellschaft im Bildungsbereich fanden ihren Eingang in den Bundeswehr-Lernalltag und förderten auch ein neues Soldatenbild in der Gesellschaft, weg von soldatischen Traditionen hin zum Staatsbürger in Uniform.

Ein Soldat mit langen Haaren und ein Soldat mit Zwiebelsack: Der sogenannte Haarerlass von 1971 erlaubte den Soldaten das Tragen langer Haare. © Bundeswehr/Krämer

Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt im Manöver am 15. Juni 1972 in Munster. © Fritz Rust, imago

Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt (vorn) im Dialog mit Soldaten der Luftwaffe, Marine und des Heeres. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundeswehr diskutierten Soldaten am 20. November 1970 auf einer Arbeitstagung in der Koblenzer Pionier-Kaserne mit ihrem Minister. An der Tagung nahmen 250 gewählte Vertrauensmänner der Bundeswehr teil. © dpa/Roland Witschel

Autor: Axel Schuster

Archivar

Axel Schuster erschließt als Archivar die Überlieferung des Altbundeskanzlers im Helmut Schmidt-Archiv, zudem berät er die Stiftung in Fragen des Datenschutzes. Daneben betreut er für die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie die Marion Dönhoff Stiftung die Nachlässe von Gerd Bucerius und Marion Gräfin Dönhoff.

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