Festrede in der Elbphilharmonie

Festakt „100 Jahre Helmut Schmidt“ Rede des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Steinmeier, sehr geehrte Frau EU-Außenbeauftragte Mogherini, sehr geehrter Herr Bundesratspräsident Günther, sehr geehrter Herr Bundeskanzler a.D Schröder, Exzellenzen, sehr geehrter Ehrenbürger Michael Otto, sehr geehrte Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, sehr geehrte Mitglieder des Konsularischen Korps, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren, herzlich willkommen in der Elbphilharmonie in Hamburg!

Und vielen Dank an die Bigband der Bundeswehr für die musikalische Einstimmung auf den Festakt zu Ehren von
Helmut Schmidt, der die Bigband seinerzeit als Verteidigungsminister ins Leben gerufen hat und ein großer Freund
der Musik war.

Er selbst kam aus einem musikalischen Elternhaus und wünschte sich, dass alle jungen Menschen die Gelegenheit
bekommen, Instrumente zu lernen und Zugang zur Welt der Musik zu finden.

Genau das ist ein Teil des Konzepts der Elbphilharmonie, die auch in dieser Hinsicht ein sehr passender Ort ist für
eine Feier zum 100. Geburtstag von Helmut Schmidt.

Helmut Schmidt ist der wohl bekannteste Ehrenbürger unserer Stadt, ein weltweit geachteter Staatsmann, dessen Lebenswerk, Weltsicht und Handlungsgrundsätze heute in den Festreden gewürdigt werden.

Bei dieser weit über die Grenzen unserer Stadt hinausreichenden Bedeutung können und wollen wir unseren früheren Senator, späteren Bundesminister und Bundeskanzler in Hamburg nicht für uns vereinnahmen.

Aber wir sind dennoch angetan, dass er sich immer zu seiner Heimatstadt bekannt hat. Geboren wurde er in Barmbek, später haben die Schmidts in Langenhorn gelebt, beides Stadtteile, deren Bewohner als besonders bodenständig und unaufgeregt gelten.

Auch als Bundeskanzler ist er seiner Heimat in Hamburg-Nord treu geblieben. Er hat – wie es Bürgermeister Klaus von Dohnanyi 1983 bei der Ernennung als Ehrenbürger formulierte – Hamburg in die Welt hinaus getragen und die Welt nach Hamburg geholt.

Leonid Breschnew, Valéry Giscard d´Estaing, Pierre Trudeau und viele andere Staatsgäste hat er eingeladen, bewirtet und an der hauseigenen Bar bedient in seinem sogenannten Reihenhaus in Langenhorn, das man sich eher
wie eine Doppelhaushälfte vorstellen kann.

Weltläufig, aber bodenständig und pragmatisch – das war seine Definition des Hanseatischen, das er sehr im Sinne
der Hamburgerinnen und Hamburger vorgelebt und bekannt gemacht hat.

Schmidts Popularität in Hamburg hat viel damit zu tun, dass er in seiner Zeit als Innensenator eine im Bewusstsein unserer Stadt tief eingeprägte Katastrophe durch nicht ganz regelkonformes, aber entschlossenes Handeln gemeistert und damit vielen Menschen das Leben gerettet hat.

Während der Flutkatastrophe 1962 aktivierte er militärische Befehlshaber aus ganz Europa, um sie zur Unterstützung bei den Rettungsarbeiten zu bewegen.

„Ich habe die alle einfach selbst angerufen oder mit Funksprüchen oder Fernschreiben in Bewegung gesetzt“, erzählte Schmidt später in einem Interview des NDR.

„Ich habe gesagt: 'Sie müssen Hubschrauber schicken, Sie müssen Pioniere schicken, die mit Sturmbooten die Menschen von den Dächern runterholen.' Die haben zunächst geglaubt, ich sei verrückt geworden. Weil sie mich aber gut kannten, haben sie auf mein Insistieren hin schließlich sehr schnell funktioniert."

Bei aller Nervenstärke und Handlungskompetenz in der Krisenbewältigung, die er 1977 noch einmal besonders bei der Geiselnahme und Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut unter Beweis stellte, dachte Schmidt in der Politik immer in großen Zusammenhängen und langen Zeiträumen.

Früher als andere hat er die Globalisierung in Wirtschaft und Politik erkannt. Mit dem ersten Wirtschaftsgipfel in Rambouillet legte er 1975 die Grundlage für die späteren G7-, G8- und G20-Treffen. In der Zeit des Kalten Krieges verstand er es, über den Eisernen Vorhang hinweg zu kooperieren.

Er setzte dabei auf globale Institutionen und multinationale Formen der Zusammenarbeit. Bewusst oder unbewusst hat er dabei die hanseatische Vorstellung eines Ehrbaren Kaufmanns auf die Politik übertragen.

Ehrbare Kaufleute verlangen Verlässlichkeit – Handschlag genügt – und sie verlangen faire Beziehungen auf Augenhöhe. Sie respektieren die Interessen ihrer Partner und sorgen dafür, dass auch andere zu ihrem Recht kommen.

Faire Beziehungen auf Augenhöhe – die wollte Helmut Schmidt auch in der internationalen Politik, in den Beziehungen zu den USA und Kanada, zu China und den afrikanischen Ländern.

Sein Politikstil steht für gründliche Analyse, Augenmaß, Geradlinigkeit und Vernunft.

Helmut Schmidt hat sich in den Augen der Bürgerinnen und Bürger im Laufe seines Lebens zum Idealbild eines glaubwürdigen Politikers entwickelt.

Wir sind stolz, dass er einer von uns war und seinen Weg als Politiker und Staatsmann in Hamburg begonnen hat.

Schon 1948 als Student der Volkswirtschaft an der Universität Hamburg trat er für die europäische Integration ein, und Europa blieb seine Herzensangelegenheit bis ins hohe Alter: Ohne eine gemeinsame europäische Stimme sah er nicht nur unsere Ökonomie, sondern auch unsere freiheitlichen und demokratischen Werte gefährdet.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident und ehemaliger Außenminister, sehr geehrte EU-Außenbeauftragte, Frau Mogherini, vielen Dank, dass Sie heute an diesem Festakt in der Elbphilharmonie teilnehmen, um Helmut Schmidt als Verfechter der europäischen Einigung zu würdigen.

Sehr geehrter Herr Steinbrück, sehr geehrtes Kuratorium der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, vielen Dank, dass Sie mit der Arbeit Ihrer Stiftung an unseren Ehrenbürger erinnern und das politische Vermächtnis von Helmut Schmidt in die Zukunft tragen.